28.10.2021

Mehr Mensch, weniger Fiction.

Es scheint fast so, als wäre der ganz grosse Hype vorüber. Als hätte man die in den letzten Jahren viel zu oft durch's digitale Dorf getriebene Innovations-Sau zurück in ihren Stall gebracht. Der Ton hat sich geändert im Bereich Smart City, das kann man auch auf der diesjährigen SmartSuisse erleben.

Statt Disruption steht in den Keynotes plötzlich Partizipation, statt technologischer Machbarkeiten der Vorteil der Bürgerinnen und Bürger im Vordergrund. Ein Trend, den uns bei Smart Regio Basel hervorragend gefällt. Das etwas ratlos wirkende Mantra der grundlegenden Neuerfindung unserer Städte verstummt ein wenig und macht einem realistischeren, konkreteren, weniger aufgeblasenen Narrativ Platz: dem der Verbesserung des Bestehenden mithilfe von digitaler Technologie und Daten wo es den Menschen dient. 

Mehr Partizipation, weniger Disruption

Auch aus den Keynotes der beiden Herren im blauen Anzug, die den zweiten Tag der SmartSuisse eröffnen, hört man das klar heraus. Regierungspräsident Beat Jans begrüsst die Gäste der Messe in der Stadt, auf die er, wie er sagt, nicht nur aus beruflichen Gründen stolz ist. Wie ambitioniert, fortschrittlich, nachhaltig und ökologisch der Kanton Basel-Stadt tatsächlich ist, macht er anhand zahlreicher Beispiele deutlich: Ausbau des Fernwärmenetzes, Klimaneutralität bis 2040, Ausbau der digitalen Verwaltung, Bewerbung um den European Green Capital Award lauten einige davon.

Und auch konkrete Projekte nennt er - «Smart Climate» beispielsweise, unser Sensornetzwerk zur Erfassung des urbanen Mikroklimas, das wir in den letzten zwei Jahren in einer Public Private Partnership installieren und in Betrieb nehmen konnten. Das freut uns - auch deshalb, weil das Vorzeigeprojekt 2021 ausläuft und wir gerade damit beschäftigt sind, den Weiterbetrieb in einer Pilotphase 2 zu organisieren.

Egal, wie gross die Stadt: die Themen sind dieselben.

Der zweite Mann im blauen Anzug, dessen Keynote den Menschen ins Zentrum der Smart City rückt, ist Berlins regierender Bürgermeister Michael Müller, digital zugeschaltet aus der deutschen Hauptstadt. Egal, wie gross eine Stadt sei, berichtet er: wenn die Verantwortlichen sich miteinander unterhielten, ginge es nach 10 Minuten immer um die gleichen Themen: Digitalisierung und Smart City. 

Die Herausforderung bestehe aus seiner Sicht vor allem darin, den Bürgerinnen und Bürgern zu erklären, was das denn eigentlich sei, eine Smart City. Es gehe darum, die unter dem Schlagwort vereinten Beispielprojekte erlebbar zu machen und aufzuzeigen, was smarte Lösungen mit dem echten Leben echter Menschen zu tun habe. 

Auch Müller betont, dass es vielfach darum ginge, bestehende Dienste zu verbessern, bestehende Infrastrukturen zu optimieren, und eben nicht darum, die Welt (bzw. in diesem Fall: die Stadt) neu zu erfinden. Das Gute besser machen und bestehende Lücken schliessen, um die Lebensqualität der Menschen in urbanen Zentren (und im Umland) auch mit digitaler Technologie zu verbessern: genau darin sehen wir den Sinn und Zweck aller Bemühungen um das Thema Smart City. 

Nicht alles neu erfinden, sondern besser machen

Müller nennt u.a. Nachhaltigkeit, Gemeinwohl und Resilienz als zentrale Ziele der digitalen Transformation «seiner» Stadt. Er berichtet von "Zukunftsorten" in Berlin, Stadtentwicklungsgebieten also, in denen die Zukunft der Hauptstadt gebaut wird. Auch wir in Basel haben zahlreiche dieser Transformationsareale - nicht ganz so gross wie das in Berlin-Tegel, wo durch die Schliessung des Flughafens 460ha Fläche freiwerden, aber für eine Stadt von der Grösse Basels trotzdem verhältnismässig riesige Areale.

Die gilt es, intelligent umzunutzen, umzubauen, zu transformieren eben. Dazu braucht es mehr als Daten und Sensoren. Es braucht vor allem: den Dialog aller an der Stadtentwicklung beteiligten Parteien. Und das sind bei weitem nicht nur die Expertinnen und Experten. Neben Forschung und Wissenschaft müssen Private, die Verwaltung und allen voran: die Bürgerinnen und Bürger, die die Städte der Zukunft bewohnen und nutzen werden, in die Entwicklungsprozesse mit einbezogen werden. 

Vernetzung, Kollaboration, Partizipation, Kommunikation. 

Dafür setzen wir uns bei Smart Regio Basel seit Jahren ein - und werden das weiterhin und mit noch mehr Nachdruck tun als bisher. An den Projekten, die wir derzeit entwickeln und bald lancieren wollen, wird das deutlicher denn je. Sie passen hervorragend zu den "neuen" Schlagworten, die auch auf der SmartSuisse in aller Munde sind: Vernetzung; Kollaboration; Partizipation und nicht zuletzt: Kommunikation. 

Es ist gut, dass der Hype um die sogenannte disruptive Innovation ein wenig abebbt und es verstärkt darum geht, bestehende Infrastrukturen, Angebote und Prozesse zu verbessern, urbane Zentren attraktiver, gesünder und zugänglicher zu machen und die Stadt von morgen nicht neu aus dem Boden zu stampfen, sondern unter Einbezug aller Interessentinnen und Interessentinnen und unter Berücksichtigung der funktionierenden Basis lebenswerter, grüner, resilienter und sozialer zu machen. 

Wir outen uns als grosse Fans dieser Entwicklungen. Technologie und Daten sind Werkzeuge, die den Menschen dienen sollen, keine Zaubertränke für Science-Fiction-Freaks und Marketingabteilungen. Schön, dass sich diese Erkenntnis langsam durchsetzt und auch auf der etwas kleineren, etwas bescheidener daherkommenden 2021er Ausgabe der SmartSuisse einen zentralen Platz findet. Es tut allen gut: dem Smart City Thema, den Menschen, die in ihr Leben und nicht zuletzt auch: der SmartSuisse selbst. 

https://www.smartsuisse.com/