Der Urlaub ist vorbei und ich bin wieder im Dienst. Gerade sitze ich im Zug aus Bern, wo ich für Smart Regio Basel den 26. Workshop der IG Smart City Schweiz besucht habe. Nach drei Wochen Urlaub mit meinem Göttergatten Urs hat es gut getan, sich wieder mit Menschen auszutauschen, für die technologischer Fortschritt mehr bedeutet, als eine elektrische Zahnbürste zu besitzen. Wobei Urs im Urlaub etwas dazugelernt hat.
Wie jedes Jahr bestand er wieder darauf, unsere Routen auf der Papierkarte zu planen. Und wie jedes Jahr haben wir uns schon am ersten Tag verfahren. Nach dem siebten Mal falsch Abbiegen hat er dann eingesehen, dass unser Navi besser Bescheid weiss. Ein Weilchen war sein Stolz dadurch etwas gekränkt, am Ende konnte er selbst die Tagesziele eingegeben und sich sogar nahe gelegene Restaurants oder die nächste Tankstelle anzeigen lassen. Soll noch einer sagen, alten Hunden könne man keine neuen Tricks beibringen.
Wo genau geht’s hier zur Smart City?
Beim 26. Workshop der Interessengemeinschaft Smart City Schweiz, der am 20. August in Bern stattfand, ging es um mehr als die Vorteile von Navigationsgeräten. Orientierung spielte aber auch in diesem Rahmen eine Rolle - wenn auch eher auf strategischer Ebene. Den kürzesten Weg zur Smart City kann man leider noch nirgends auf Knopfdruck abrufen.
Präsentiert haben sich diesmal in Bern zwei Städte und zwei Vereine: Zug und Aarau gewährten Einblicke in ihre Smart City Strategien, «MyniGmeind» und Smart City Bern stellten vor, was sie erreicht und was sie noch vor sich haben.
Die Voraussetzungen, um aus einer Stadt eine Smart City zu machen, seien stets individuell, betonte Regula Kaiser, Leiterin der Stadtentwicklung Zug. Dementsprechend brauche jede Stadt ihre eigene Strategie.
Individuelle Strategien, Partizipation und Kommunikation als Eckpfeiler
Mit einem hohen Cluster an Tech-Firmen, dem Hype um das Crypto-Valley und dem Selbstverständnis, eine «Stadt der Macher» zu sein, habe ihre Stadt Zug grundsätzlich eine gute Ausgangslage, um die Digitalisierung voranzutreiben berichtet Frau Kaiser.
Im Strategiepapier der Stadt heisst es dazu: «Die Smart-City-Strategie der Stadt Zug basiert auf dem Selbstverständnis der Stadt Zug, welches Pioniergeist, Bürgernähe und Agilität nutzt, um nachhaltige Stadtentwicklung zu fördern. Sparsamer Mitteleinsatz und eine bewusste Fehlerkultur bilden den Rahmen für Pilotprojekte und Zukunftsvisionen, die Schritt für Schritt gemeinsam mit externen Akteuren und der Bevölkerung entwickelt werden sollen.»
Davon abgesehen, dass Zugs Strategiepapier angenehm verständlich formuliert ist, finde ich, sind das grundsätzlich die richtigen Ansätze. Vorherzusehen, an welchen Stellen man sinnvoll sparen kann und wo man besser nicht knausert, ist allerdings eine kritische Herausforderung, die wohl jede Verwaltung kennen dürfte: es sind schliesslich Steuergelder, mit denen da unter dem wachsamen Blick der Öffentlichkeit hantiert wird - und wenn die in den digitalen Sand gesetzt werden, ist es mit der Begeisterung für die Fehlerkultur nicht selten schnell vorbei.
Bei Steuergeldern wird es schnell eng für die Fehlerkultur
Auch Riccarda Stampa, Digitalmanagerin der Stadt Aarau, will ihre Stadt smarter machen. In ihrer Präsentation nimmt das Thema «Partizipation» eine zentrale Stellung ein. Um die Digitalisierung in der Aarauer Stadtverwaltung voranzutreiben, kommt u.a. das “Mentimerter” zum Einsatz. Ziel des digitalen Werkzeugs ist es, Partizipation und Meinungsfindung auf grafisch attraktive Weise zu ermöglichen.
Ein wichtiges Thema, wie ich finde, denn die Kommunikation zwischen den Interessengruppen ist einer der Hauptknackpunkte jeder grösseren Digitalisierungsmassnahme von öffentlichem Interesse. In Aarau führe man beispielsweise Grossgruppen-Workshops mit bis zu 80 Teilnehmer*innen durch, um die Partizipation von Einwohner- und Stadträten, Quartierverbänden, wichtigen Anspruchsgruppen und Akteuren zu ermöglichen, erläutert Frau Stampa.
Bergbüro und digitaler Dorfplatz
Nach einer kurzen Pause mit Sicherheitsabstand präsentierte dann Hannes Treier, Geschäftsführer von «MyniGmeind», am Beispiel Adelbodens, wie es seinem Verein in Workshops zum Thema Digitalisierung gelungen ist, Leistungsträger aus Tourismus, Gewerbe und Industrie zusammenzubringen. Dadurch entstandene Projekte wie das Videoconferencing im Mountain Lab (ein Co-Working Space in Adelboden) oder der digitale Dorfplatz hätten mit der Corona-Krise noch zusätzlich an Bedeutung gewonnen, erklärt Treier.
Zuletzt stellte Fabian Scherer, Präsident von Smart City Bern, die Arbeit seines noch jungen Vereins vor. Entstanden aus dem Glauben an die digitale Transformation, verstehe man sich als Kompetenzzentrum, das Projekte kuratieren, aber auch selbst anstossen möchte. Man hofft dabei auf eine gute Zusammenarbeit mit der Stadt Bern. Aktuell stehe die Veröffentlichung ihrer Plattform kurz bevor und man freue sich schon darauf, aktiv neue Mitglieder anwerben zu können.
Facebook und Co. wissen vieles - aber längst nicht alles besser
Ich freue mich darüber, dass das Thema Smart Cities weiter an Fahrt aufnimmt. So überholt und abgehängt man sich von den grossen Konzernen aus dem Silicon Valley mitunter fühlen mag: Alles wissen Facebook, Google, Amazon und Co. dann eben doch nicht über uns und unsere Bedürfnisse. Und genau da liegt das Potential solcher regionalen und lokalen Smart City Initiativen und Akteure, wie die IG Smart City sie an diesem Donnerstag eingeladen hat.
Ich bin gespannt auf’s nächste Mal.
SMarta.