07.05.2021

Was Digitalisierung mit der Psyche macht.

SMarta war beim SRB Roundtable «Psychische Gesundheit digital» dabei. Und hat für uns aufgeschrieben, was sie dabei gelernt hat. 

 

Die Psyche war in meiner Jugend etwas, über das man kaum gesprochen hat. Mittlerweile hat sich das geändert - was wichtig ist, denn allein in der EU verursachen psychische Krankheiten Kosten von rund 600 Milliarden Euro jährlich. Das liegt auch daran, dass psychische Krankheiten oft undiagnostiziert und unbehandelt bleiben.

Lediglich 0.4% der Betroffenen begeben sich in eine Beratung oder eine Behandlung. D. h. 99.6% der Betroffenen bestreiten ihren Alltag ohne Hilfestellung – und vermutlich auch ohne Akzeptanz für ihre Symptome. Dies führt dazu, dass Behandlungen in der Regel erst in fortgeschrittenen Stadien stattfinden, also zu einem Zeitpunkt, bei dem aus dem Ungleichgewicht der Psyche oft schon eine psychische Krankheit geworden ist.

Von der Behandlung zur Prophylaxe

Hier setzt nun die Digital Mental Health an. Apps könnten dabei helfen, den eigenen Gemütszustand anhand der Mediennutzung zu monitoren und so sich anbahnende Episoden psychischer Instabilität frühzeitig zu erkennen. Dadurch könnten Betroffene früher Hilfe suchen, was eine Behandlung mit viel weniger drastischen Massnahmen ermöglicht. Mit anderen Worten: Wir können mithilfe digitaler Technologie von der Behandlung psychischer Krankheiten zur Erhaltung der psychischen Gesundheit übergehen. 

Das ist einer von vielen Ansätzen im Bereich Digital Mental Health. Andere Projekte zielen darauf ab, die Akzeptanz gegenüber psychischen Krankheiten zu erhöhen. Bei Digital Balance und Digital Detox geht es zum Beispiel darum, die tägliche Zeit vor dem Bildschirm zu reduzieren oder eine zeitlang ganz offline zu sein. Aber auch online bieten digitale Werkzeuge die Möglichkeit, den komplexen und individuellen Formen psychischer Beeinträchtigungen mit individuell zugeschnittenen Massnahmen zu begegnen. 

Mit Digital Balance und Detox gegen die Bildschirm-Sucht

Thomas Brenzikofer von DayOne - Healthcare Innovation verschaffte den Teilnehmenden einen Überblick über die Entwicklung der digitalen Medizin in der Region Basel. Prof. Dr. Gunther Meinlschmidt erschloss den Teilnehmenden mit seinem Input die zahlreichen Potentiale und Herausforderungen digitaler Technologie im Kontext mentaler Gesundheit. Rob Stephenson, Keynote Speaker und Campaigner im Mental Health Bereich, stellte seine Projekte InsideOut LeaderBoard und FormScore vor. 

Journalistin Anna Miller berichtete, wie und warum es zur Gründung ihres Digital Balance Labs kam. Anna Grabowski und Roger Bullock von der OptiChroniX GmbH stellten ihr Projekt myAVOS vor, mit dem DemenzpatientInnen und ihre Pflegenden unterstützt werden. Den Abschluss machte Industriepfarrer Martin Dürr, der Erfahrungen aus dem Alltag in der Arbeit mit ArbeitnehmerInnen und ArbeitgeberInnen in der Region schilderte.

Kein Lifestyle Gedönse, sondern seriöse Forschung

Bei den im Rahmen des Roundtables vorgestellten Produkten handelt es sich nicht um das Lifestyle-Gedönse irgendwelcher Techfirmen, sondern um Ergebnisse seriöser Forschung im Gebiet der Psychologie. Diese Unterscheidung ist wichtig, denn auch und gerade der Markt der psychischen Gesundheit ist überschwemmt von gut gemeinten Wellbeing-Apps, die im besten Fall kaum helfen, im schlimmeren Fall zum eigentlichen Problem beitragen. 

Am wichtigsten in diesem Zusammenhang ist wohl, dass wir einen offeneren Umgang mit dem Thema psychische Gesundheit finden. Drüber reden hilft. Geben sie der Thematik also ruhig eine Chance. Etwas mehr Digital Balance und Digital Detox würden vielen von uns gut tun. Man muss ja nicht gleich werden wie Urs, der bis heute Wert auf Fiebermessung mit Quecksilberthermometern legt. 

 

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Beitragsbild: Photo by Tim Mossholder on Unsplash