Basler Zukunftsvisionen

Vom 11.9. bis zum 27.9.2020 kann man im Schweizerischen Architekturmuseum S_AM das Forum Städtebau «Basel 2050» besuchen. Es geht um den «Erhalt und die Weiterentwicklung der Baukultur» und darum, in was für einer Stadt wir in 30 Jahren leben möchten. SMarta hat für uns das Podium besucht, mit dem die Ausstellung eröffnet wurde.

 

Es ist viel von «Diversität» die Rede an diesem Abend. Von Vielfalt, Partizipation, Transparenz und Transformation. «Eine gute Stadt ist eine Stadt für alle», fasst es Beat Aeberhard, Basels Kantonsbaumeister, zusammen. Um solch ein Basel als «Stadt für alle» geht es bei der aktuellen Ausstellung «Basel 2050» im Schweizerischen Architekturmuseum S_AM.

Damit eine Stadt für alle entstehen kann, braucht es vor allem eines: Klarheit, wer was von einer lebenswerten Stadt erwartet. Und auch: wo sie beginnt bzw. aufhört, denn Basels funktionales Stadtgebiet reicht weit über die politischen Grenzen in die TriRegio hinaus. In Zukunft wird Basel noch stärker mit dieser Umgebung verwachsen, da scheint sich die geladene Expertenrunde einig. Das bietet Chancen, bringt aber auch Herausforderungen mit sich. 

Patrick Marcolli, der das Podium moderierte, greift an dieser Stelle Bedenken aus der Bevölkerung auf: Laufen wir vor lauter Wachstum womöglich Gefahr, dass Basels heutiges Zentrum 2050 nicht mehr Basels Zentrum ist? «Die Kernstadt wird uns nicht verloren gehen», ist sich der Architekt Andreas Bründler sicher. Auch Hans-Peter Wessels sieht das Herz der Stadt vom Wachstum nicht bedroht. Neu entstehende Unterzentren müssen gut miteinander verbunden werden, betont die Architektin Astrid Staufer. Hierin sieht sie eine wichtige Aufgabe ihrer Zunft.

Gemeinsam die Stadt der Zukunft planen - bloss wie?

Den grossen Umwandlungsprozess, der Basel in den nächsten Jahren und Jahrzehnten bevorsteht, hat die Stadt Zürich bereits hinter sich. Das Bauen in luftige Höhen ist dabei ein zentrales Thema, wenn es um Basels Wachstum geht: wie integriert man Hochhäuser ins Stadtbild? Wo sollen sie stehen dürfen und: wo nicht? In was genau verwandelt man all die sogenannten Transformationsareale eigentlich, von denen Basel derzeit so viele hat wie wohl keine andere Schweizer Stadt? Wie viel Regulation braucht es durch die Politik? Wie viel Freiheit für die ArchitektInnen? Und: woher soll man eigentlich 2020 wissen, wie StädterInnen 2050 leben wollen? 

Nach 10 der durchaus fruchtbaren 90 Minuten Podium blicke ich mich in Ruhe um. Rund 80 bis 100 Gäste sitzen hier, schätze ich. Und trotz konsequenter Maskierung ist nicht zu übersehen, wie undivers unser Grüppchen ist. Nahezu alle sind weiss, ein Grossteil hat vermutlich einen akademischem Bildungshintergrund. Ausser mir sind die meisten zwischen 30 und 60 Jahre alt. Ein repräsentativer Querschnitt durch die Stadtbevölkerung sieht anders aus. Wo sind die MigrantInnen? Wo die Jugendlichen, die 2050 in der Blüte ihres Stadtlebens stehen werden? 

Was macht eine lebenswerte Stadt aus? 

Ausstellungen wie «Basel 2050» machen ein Problem deutlich, zu dessen Lösung sie antreten: wie schwer es nämlich ist, breite Teile der Bevölkerung in einen Austausch zum Thema «lebenswerte Stadt» zu verwickeln. «Basel 2050» gibt sich alle Mühe, diesen Diskurs anzuregen: alle Infotafeln in der Ausstellung sind gleichzeitig auch Aufrufe zur Meinungsäusserung, zur Stellungnahme und zum Einbringen eigener Ideen. 

Dabei liegt das Problem wohl weniger darin, die Ausstellungen inklusiv zu gestalten, sondern darin, die Menschen zur Partizipation zu motivieren, die sich nicht als Teil des Entscheidungsprozesses verstehen. Will man die Meinung der Bevölkerung wirklich hören und einbeziehen, muss man dorthin, wo die Leute sind: Raus auf die Strasse. 

Umfrage-App und Bauplan-Tinder

Und: ja, das ist leichter gesagt als getan. Aber genau hier könnte digitale Technologie wichtige Hilfe leisten. Warum haben wir zum Beispiel keine Basler Umfrageapp, in der alle ihre Meinung zu Thema X und Plan Y abgegeben können? Eine App, die alle herunterladen und kostenfrei nutzen können und die Teilhabe wirklich einfach macht? Warum kein Bauplan-Tinder - swipen sie rechts, wenn Sie den Entwurf mögen, swipen Sie links, wenn Sie meinen, dass er überarbeitet gehört.

So schön es ist, seine Meinung mit bunten Zettelchen an eine Wand zu kleben - um einen Austausch zu starten, muss man mit jenen reden, die ausserhalb der eigenen Blase unterwegs sind - und womöglich auch noch anderer Meinung als man selbst. Dafür reicht es schon, vom eigenen Stammtisch auzustehen und sich an einen anderen Tisch zu gesellen. Dann entsteht Austausch. Und den braucht es, damit eine Stadt entstehen kann, in der sich alle zuhause fühlen. Der damit verbundene Prozess ist mühsam - aber eben auch eine Schweizer Spezialität.

Hingehen lohnt sich

So oder so: ein Besuch der Ausstellung lohnt sich. Das Basler Stadtmodell kann man bewundern, inklusive aller geplanten Bauten, so dass ein Bild entsteht von dem, was da in den nächsten Jahren so in den Himmel wächst. Man kann Quartiere besser kennenlernen, einiges über Stadtplanung und -entwicklung lernen und, ja: zu fast allem seine Meinung äussern. 

Der Eintritt ist kostenlos und noch bis zum 27.9. immer dann möglich, wenn nicht gerade eine Veranstaltung stattfindet. Das genaue Programm und die Möglichkeit, sich für den Besuch weiterer Veranstaltungen zu registrieren, in denen es um Basels Zukunft geht, finden Sie unter diesem Link.