28.09.2021

SMarta zockt

Basel erhält einen digitalen Zwilling in Minecraft

Neulich habe ich in der BaZ gelesen, dass ein Youtuber aus Seattle das “Build The Earth (BTE)” - Projekt ins Leben gerufen hat: Die ganze Welt soll im Computerspiel «Minecraft» nachgebaut werden. Auch in Basel gibt es offenbar engagierte und interessierte Minecraft-SpielerInnen: in der digitalen Spielwelt von Minecraft stehen mittlerweile einige der typischen Basler Gebäude, z. B. das Münster oder die Bank für internationalen Zahlungsausgleich (das runde Hochhaus beim Bahnhof SBB).

Das Ziel ist klar: Ganz Basel soll dereinst in Minecraft nachgebaut sein - möglichst detailgetreu. Die Minecrafter orientieren sich dabei an Google Maps, Daten von Swisstopo und Bildmaterial der abzubildenden Gebäude. Und sie sind bestens organisiert: Eine Gruppe, die sich dem Bau der Alpenregion widmet, ist in verschiedene Bauteams unterteilt – ziemlich professionell geht es zu auf der digitalen Grossbaustelle. Ich bin beeindruckt.

 

Bauklötze 2.0

Minecraft ist mit über 200 Millionen verkauften Exemplaren eines der erfolgreichsten Computer-Spiele der Geschichte. Auch ich spiele es von Zeit zu Zeit – Urs hingegen sieht lieber fern. Das Spiel kann in fünf verschiedenen Varianten gespielt werden, aber insbesondere der Kreativmodus verschafft dem Spiel weitreichende Aufmerksamkeit: Die SpielerInnen können aus digitalen Bauklötzen eigene Welten erschaffen, weshalb immer wieder Vergleiche mit einem digitalen Legospiel gezogen werden.

Das Spiel bietet eine sogenannte sandboxed Open World, wie wir GamerInnen wissen. Die SpielerInnen können dort mitbestimmen, wie ihre Welt aussieht, indem sie diese als Teil des Spiels selber bauen  und können sich in der Spielwelt mehr oder weniger frei bewegen.

Über einen engagierten Gamer, der Teile Baselsin der virtuellen Welt nachgebaut hat, habe ich ja schon einmal berichtet. Markus Stauffiger besserte im Flight Simulator von Microsoft den durch  Künstliche Intelligenz (KI) generierten digitalen Zwilling der Stadt Basel nach und fügte Details hinzu. So können ambitionierte SpielerInnen mitbestimmen, wie die digitale Welt, in der sie sich bewegen und vergnügen, aussieht.

 

Reise in Basels Vergangenheit

Nun haben sogenannte digitale Zwillinge, also die virtuellen Abbilder realer Orte, Gebäude oder Landschaften, ja durchaus auch jenseits der Spielwelt ihren Reiz.

Wirklich spannend fände ich im Kontext der Spielwelt, wenn diese nicht nur realitätsgetreue Abbilder der Gegenwart, sondern auch Zeitreisen ermöglichen würden. Wann immer ich durch die Basler Altstadt laufe, frage ich mich, wie Basel wohl «damals» ausgesehen hat. Ich würde  gerne mal durch das mittelalterliche Basel wandeln, oder durch die Stadt um 1900.

Die Forschungsgruppe Datenbanken und Informationssysteme der Universität Basel hat im Rahmen des Projekts City Stories eine App entwickelt, mit der man die alte Stadt Basel erkunden kann. In die Anwendung mit eingebaut ist der Stadtplan von Matthäus Merian von 1615 -  und zwar als 3D-Modell. Dieses kann mit dem Handy mittels Augmented Reality (AR) über die aktuelle Stadt gelegt werden. Über die Kamera erkennt das Handy, wo man sich gerade befindet und zeigt auf dem Bildschirm die Häuser von damals an. Die Darstellung ist dabei keineswegs starr: Bewegt man sein Handy, bewegt sich auch das virtuelle Basel von 1615 mit.

1615, das kann ich dem Merian-Plan entnehmen, war Basel deutlich kleiner und lag gänzlich innerhalb der Stadtmauern. Von diesen zeugen heute noch die Tore, die längst deutlich innerhalb der Stadtgrenzen liegen. Basel hatte damals lediglich eine Rheinbrücke - die heutige mittlere Brücke, zu dieser Zeit noch aus Holz gebaut. Das damalige Kleinbasel erstreckte sich lediglich von der St. Theodorskirche zum Kloster Klingenthal, das Grossbasel immerhin vom St. Alban- bis zum St. Johanns-Tor.

 

Ich komme meinem Spaziergang näher

Die Häuser sind derzeit allerdings erst mehr oder weniger einfache weisse Formen, die App ist zudem noch nicht öffentlich zugänglich. Das Projekt finde ich aber wirklich spannend und hoffe, dass es weiterentwickelt wird. Vor allem eben dahingehend, dass Häuser in der Qualität eines modernen Computerspiels animiert und die Fassaden und das Kopfsteinpflaster detailreich digital nachgebaut werden. Es wäre sicherlich auch eine Überlegung wert, eine hochauflösende Variante zu erstellen, die dann mittels Virtual Reality Brille erkundet werden kann.

Dass tatsächlich die gesamte physische Welt in Minecraft digital nachgebaut wird, ist in anbetracht des Aufwands eher unwahrscheinlich. Allerdings werden schon ziemlich bald eine Vielzahl an Städten und Sehenswürdigkeiten besichtigt werden können. Und Basel gehört dazu. Wenn wir nun die Idee der Go Find App mit der Energie des Basler Build the Earth Teams koppeln könnten, dann hätten wir vielleicht bald eine detailreiche Abbildung von Basel um 1615. Und ich käme meinem Traum-Spaziergang durch das historische Basel um einiges näher. 

 

Bild: Alps BTE